Fürstliche Glasmanufaktur Schorborn │ 1744-1842

Klaus A.E. Weber

 

Künstlerisches Spitzenwerk │ Goldrandpokal um 1790

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Fürstlich-Braunschweigisch-Lüneburgische Hohl- und Tafelglashütte

 

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"Wo liegt denn überhaupt Schorborn?"

Die Frage beantwortete Dr. Christian Leiber bei einer Glas-Ausstellung [54]

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

LGLN: Schorborn [46] - Einst ein verlassener Sollingort

Ressourcenreich, aber ökonomisch vernachlässigt im früheren braunschweigisch-wolfenbüttelschen Waldgebiet Solling

Topografisch liegt Schorborn im Solling, einer waldreichen Gegend der westlichsten Region des ehemaligen Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel, die zwar ressourcenreich aber ökonomisch vernachlässigt war.

In der politischen Enklave, die bis an das östliche Ufer der Weser reichte, entstand im aufkommenden Merkantilismus ein wichtiger Produktionsstandort für Hohl- und Flachglas im Weser-Raum des 18. Jahrhunderts.[3][6][11][17]

Zuvor hatte um 1740 der Geheime Rat in Braunschweig "eine wirtschaftliche Offensive größeren Umfangs" im Hinblick auf Manufakturen, Fabriken und Handel beschlossen.[52]

Hervorgegangen aus einer ursprünglich frühen mittelalterlichen Siedlung um 1150 - Ortswüstung "Scorenburnen cum omnibus attinentibus" (=Schürfborn; Dürre), erwähnt unter den Alloden Siegfrieds IV. von Boyneburg (um 1095-1144), der dann das Schicksal des unmittelbar zur Homburg gehörigen Gebietes teilte.

Im Kerngebiet der Herrschaft Homburg liegend, wurde der wohl früh um 1300-1350 Sollingort aufgegeben.

Wie STEINACKER [53] ausführt, wird im Fürstenberger Erbregister von 1584/1622 „nur der Schorfborn als Teich und Quelle der Bever angeführt, auf der Sollingskarte von 1603 ist der Schorborn mit Teich und Wiese rings von Wald umgeben.“

Neubesiedelt wurde die Stätte erst zur Mitte des 18. Jahrhunderts nach dem Eingehen der Glashütte in Hellental [1] durch die Einrichtung einer ortsfesten fürstlichen Glasmanufaktur durch Kammerrat Thomas Ziesig.[9][32][40][53]

 

Das "Herrn Hauß" der Schorborner Glasmanufaktur

später "Altes Forsthaus" │ Mai 2020

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Die Kleinsiedlung im Solling entwickelte sich mit der neuen Bebauung zum Glashüttendorf Schorborn.

Als wohnbauliche Bezüge zur Glasgeschichte des 18. Jahrhunderts sind mehrere Glasmacherhäuser und das ehemalige Herrenhaus vorhanden, die alle im Privatbesitz baulich verändert wurden.

In der regionalen Bevölkerungsdynamik nahm Schorborn einst eine Sonderstellung ein.

Mit der aus merkantilistischem Geist um 1745 hervorgegangenen (proto-)industriellen Unternehmung des Herzogs Carl I. von Braunschweig (1735—1780) in Gestalt der Glasmanufaktur in Schorborn [47], begann ein rascher Bevölkerungsanstieg, der bis zur Stilllegung der alten Glashütte um 1842 andauerte.

Zu Michaelis 1842 erfolgte die Einstellung der Glasherstellung.

Schorborn befindet sich heute im Bereich der Gemeindegrenzen Deensen-Schorborn-Arholzen.

1963 gilt die Wald- und Steinbrucharbeitersiedlung Schorborn als Arbeitersitzgemeinde.[12]

 

 

Aus dem regionalen Gästeführer 2008 [16]

 

Literatur

BLOSS, OTTO: 800 Jahre Schorborn 1150-1950. Bilder aus der Vergangenheit der Gemeinde Schorborn und der Waldglashütten im Solling. Eschershausen 1950.

BLOSS, OTTO: Die älteren Glashütten in Südniedersachsen. Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen. Bd. 9. Hildesheim 1977, S. 116-119.

NÄGELER, WOLFGANG F.: Schorborn mit Schießhaus. Ortsfamilienbuch. Stadtoldendorf 2013.

OHLMS, FRANZ: Die Fürstliche Hohl- und Tafelglashütte am Schorbornsteich (1744-1842). Der Glasfreund. Sonderheft 4. Gifhorn 2006.

OHLMS, FRANZ: Fürstliche Glasmanufaktur Schorborn. Verborgen und verkannt. Die merkantilistische Glasproduktion des Herzogtums Braunschweig. In: Der Glasfreund. 20. Jg. Nr. 55. Mai 2015, S. 20-21.

RAULS, WILHELM: Deensen, Braak und Schorborn. Drei Dörfer vor dem Solling. Holzminden 1983.

VON ROHR, ALHEIDIS: Lauensteiner Glas 1701-1827. Ein Beitrag zur Wirtschafts- und Kulturgeschichte Niedersachsens. Hannover 1991. S. 174-179, Anlage 3, S. 189-190.

 

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[1] vergl. Holzmindisches Wochenblatt 1787 S. 529, 1788 S. 338; HASSEL/BEGE II S. 332.

[3] FUNK (Petershagen) in Pressglas-Korrespondenz │ 2009-1-08 │ Stand 28.02.2009.

[6] RAULS 1983, S. 313-325.

[8] CASEMIR/OHAINSKI 2007, S. 188-189.

[9] RAULS 1983, S. 313-314.

[11] Schorbornsteich = alter Fischteich, vormals Forellenteich des Klosters Amelungsborn; wie viele andere Nachbarorte war auch der alte Ort Schorborn („Scorenburnen“) im Mittelalter wüst geworden; bei der um 1744 folgenden Neugründung der Siedlung bestand keine Feldmark mehr.

[12] KreisA HOL 2326a.

[16] SAMTGEMEINDE STADTOLDENDORF 2008, S. 67.

[17] BLOSS 1977, S. I-III, 2, 19, 36, 66, 69, 74, 116-119 ( S 41), 120-121, 149.

[32] BLOSS 1950a, S. 3-6.

[40] KRAMER 2020b, S. 32.

[46] LGLN: Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen │ GeobasisdatenViewer Niedersachsen.

[47] BECKER 1927, Vorwort.

[52] JARCK/SCHILDT 2000, S. 602.

[53] STEINACKER 1907, S. 197-199.

[54] Eröffnung der Ausstellung „Kostbarkeiten aus Sand und Asche – entstanden im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel“ im Schloss Museum Wolfenbüttel am 10. März 2017.