Vom Korn zum Gerstensaft

Klaus A.E. Weber

 

Einst saufende Germanen und brauende Mönchen

 

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Das Korn wird zum flüssigen Brot

Beginn der Biergeschichte vor 6.000 Jahren

Vor über 6.000 Jahren begann in Hochkulturen die Geschichte des Bierbrauens - mit Gerste oder Emmer.

Wie das Brotbacken, so war einst auch das Bierbrauen eine Domäne der Frauen.

In mittelalterlichen Klöstern war das Backhaus zugleich auch das Brauhaus.

Im Frühmittelalter lag das Bierbrauen zur Selbstversorgung außerhalb der Klostermauern in den Händen der Frauen, wie das Brotbacken.

 

Gebrautes ist so gut wie gekautesHopfen und Malz – Gott erhalt’s

In mittelalterlichen Klöstern war das Backhaus zugleich auch das Brauhaus.

Im Frühmittelalter lag das Bierbrauen zur Selbstversorgung außerhalb der Klostermauern in den Händen der Frauen - wie das Brotbacken.

Mönche und Nonnen brauten Bier als „flüssiges Brot“ zum Eigenbedarf für die strengen Fastentage.

So entstanden die Klosterbrauereien.

Neben Brot war Bier im Spätmittelalter wie in der frühen Neuzeit das Alltagsgetränk und Grundnahrungsmittel der ärmeren Stadt- und Landbevölkerung.

Im Grundverfahren werden beim Bierbrauen die Zutaten Wasser, Hopfen, Malz und Hefe miteinander vermischt.

Das durch Mälzen – Einweichen in Wasser und Keimen der Getreidekörner – gewonnene Malz gibt im Brauprozess dem Bier Geschmack und Farbe - wie auch die feinporige weiße Schaumkrone.

Als Konservierungs- und Aromastoff (Bierwürze) ist der Hopfen die Seele des Bieres.

Inzwischen will eine neue Generation von Braumeistern in "Mikrobrauereinen" Bier jenseits des Masengeschmacks brauen, gekennzeichnet durch kleine Mengen, handwerkliche Herstellung und beste Zutaten.[12]

 

Mittelalterliche Brot- und Bierrechte

Eine Urkunde in Paderborn aus dem 13. Jahrhundert [6] weist aus, dass die Gerichtsbarkeit über Brot und Bier von Otto von Rietberg (1277-1307 Inhaber des Bischofsstuhls von Paderborn) und dem Domkapitel (Hochstift Paderborn) der Stadt Paderborn überlassen wurden - gegen eine jährliche Abgabe.

Das Rathaus der Stadt wird als Sicherheit für die Zahlung genannt.

Zur Beglaubigung der Urkunde vom 24. Oktober 1279 wurden die Siegel des Elekten Otto von Rietberg, des Domkapitels und mehrerer Geistlicher angehängt.

Nach DÖRRHÖFER [11] "setzten Brauer ihrem Bier oft ... zweifelhafte Stoffe zu:

Ochsengalle oder Gips etwa sollten den Geschmack schlecht gewordenen Bieres übertünchen, psychoaktive Substanzen wie Bilsenkraut und Tollkirsche verststärkten die berauschende Wirkung.

Und weil Erbsen und Bohnen weniger kosteten als Getreide, wurden sie gerne mal als billiger Ersatz genutzt."

 

Reinheitsgebot“ vom 23. April 1516

Bayrischer Landständetag - erlassen von Wilhelm IV. (1493-1550), Herzog von Bayern ⦋1⦌

  • spätmittelalterliches Gesetz zur Sicherung der Höchstpreisordnung und zum Ausgleich zwischen Stadtbrauereien und aufkommenden Landbrauereien

  • treffender: Echtheitsgebot

  • Umdeutende Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert  mit Romantisierung ⦋2⦌

Vor diesem historischen Hintergrund präsentierte 2016 das Technoseum - Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim - eine ֍ Sonderausstellung "Bier, Braukunst und 500 Jahre deutsches Reinheitsgebot".[11]

 

Wie das Pier im Sommer und Winter auf dem Land soll ausgeschenkt und gebraut werden.

Wir ordnen mit Rate unsere Landschaft, das fortan allenthalben in dem Fürstentum Bayern auf dem Lande, auch in unseren Städten und Märkten, da deshalb hierzu keine besondere Ordnung ist, von Michaelis (29. September) bis auf Georii (23. April) ein Maß oder ⦋…⦌ über einen Pfennig Münchner Währung (Pfennigbier) und von sant Jörgen tag bis auf Michaelis die Maß über zwei Pfennig ⦋…⦌ nicht gegeben noch ausgeschenkt werden soll.

Wo auch einer nicht Mertzen, sondern ander Pier (Sommerbier) braut oder sonst haben würde, soll er doch das keines Wegs höher dann die Maß von einem Pfennig Schenken und verkaufen. Wir wollen auch sonderlichen, das fortan allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehrere Stücke dann allein Gersten, Hopfen und Wasser genommen und gebraucht sollen werden.

Wer diese unsere Ordnung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Fass Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden. ⦋…⦌

 

Getreidekörner zur regionalen Bier- und Kornherstellung

Die Rohstoffe zur Herstellung von Bier sind Wasser, Malz und Hopfen.

Zur Malzgewinnung wird meist spezielles Getreide - „Braugerste“ oder „Brauweizen“ - eingesetzt.

Mittels Hefe entsteht durch die alkoholische Gärung des Malzes ober- oder untergäriges Bier – ohne Destillation.

Dabei ist der Hopfen die „Seele des Bieres“.

Kornbrand hingegen wird seit dem ausgehenden Spätmittelalter durch Brennen (arabische Kunst der Destillation) aus Getreide - zumeist Roggen oder Weizen - hergestellt.

Gerste dient der Malzgewinnung für den Brauprozess.

 

Werbetafel "Allersheimer Bier"

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Brauerei Allersheim - seit 1854

Als zweites Standbein neben dem wenig ertragreichen Ackerbau wurde 1854 die „Baumgarten’s Brauerei Allersheim“ vom damaligen Pächter der Domäne Allersheim - Amtsrat Otto Baumgarten – gegründet.

 

[3]

 

Baumgarten führte das „Allersheimer Lagerbier“ ein.

Gerste und Hopfen wurden zunächst auf dem Allersheimer Domänenland angebaut.

 

Lederer=Bräu“ - Rund 550 Jahre Nürnberger Braukunst

Gründung 1468 als alleinige Braustätte des städtischen Patrizierbieres.

Die Wurzeln der Brauerei liegen in dem 1471 vom Rat der Stadt Nürnberg, gestellt von Patriziern, vollendeten „Herrenbrauhaus“.

 

Werbetafel "Lederer Biere"

© Historisches Museum Hellental, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Das sich um einen rotgelben Holzkrug windende grüne Krokodil wurde 1890 als Markenzeichen der Lederer-Brauerei vom Nürnberger Akademieprofessor Friedrich Wanderer (1840-1910) entworfen, inspiriert vom Namen seines Stammlokals „Zum Krokodil“.

Das erste Frachtgut der Eisenbahnlinie von Nürnberg nach Fürth waren am 11. Juni 1836 auf der 1835 eröffneten "Königlich privilegierten Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft" zwei Fässchen Lederer-Bier.[11]

 

Einbecker Brauhaus – Einbecker Bier seit 1378

Hopfenbetontes „Ainpöckisch Bier“, urkundlich belegt seit 1378, war im Spätmittelalter ein nahrhaftes Starkbier.

 

[3]

 

Das in der Hansestadt Einbeck gebraute, im Hanseraum weit verbreitete naturtrübe „Bockbier“ wurde bei besonderen Anlässen getrunken.

Offenbar gilt das besondere "Ainpöckisch Bier" aus der hiesigen Region als das Lieblingsbier von Martin Luther.

So soll der Reformator angeblich vor 500 Jahren ausgesprochen haben:

"Der beste Trank, den einer kennt, der wird Einbecker Bier genennt"

  • Steinzeug-Bierkrug, 1936: „Vivat de Naberschap“ │ „Schon Luther tranks und tat sich laben“

  • Bierglas (Biertulpe 0,2 l): Dampfbierbrauerei der Stadt Einbeck │ Domeier und Boden (1873-1967)

  • Bier-Stangenglas (0,3 l): „500 Jahre Reformation 2017“ │ „Der beste Trank, den einer kennt, der wird Einbecker Bier genennt“ │ „Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms 1521“.

 

Kaiser Bier

Kaiser-Brauerei Hannover - gegründet 1888 in Hannover-Ricklingen [13]

 

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[1] Bayerische Nationalbibliothek, München.

[2] SCHUBERT 2010, S. 228-231.

[3] Abb. aus PLÜMER 1965.

[6] Stadtarchiv Paderborn, Inv.-Nr. E-1995-469.

[11] DÖRRHÖFER 2016.

[12] KAESTLE 2015.

[13] ANGER 1963.