Die Köhlerei - Ein altes Waldgewerbe

Klaus A.E. Weber

 

Das Handwerk des Köhlers zählt zu den ältesten Handwerkstechniken der Menschheit

Nach STEPHAN [4] zählt das regionaltypische Gewerbe der Köhlerei zu den „bis in das 20. Jahrhundert zu den im Soling in großem Umfang betriebenen und zudem zu den für das Selbstverständnis der Menschen in der Region wichtigen und für charakteristisch erachteten im Walde ausgeübten Gewerben“.

 

Holzkohlenmeiler im Solling

Sieverhausen-Abbecke

Mai 2015

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Folgt man STEPHAN [5], so soll es wahrscheinlich im westlichen Solling bereits in der vorrömischen Eisenzeit wie auch in der Frühgeschichte eine Holzkohlegewinnung gegeben haben, die vermutlich dann im 12./13. Jahrhundert in einem größeren Umfang betrieben worden ist.

Hierbei wirft STEPHAN [5] den für die Betrachtung mittelalterlicher und insbesondere frühneuzeitlicher Glasherstellung und -verarbeitung (Einsatz färbender Metalloxide) in den Glashütten des Hellentals wichtigen, vielleicht auch weiterführenden Aspekt auf:

So wie in der frühen Neuzeit für den Harz und Solling als Teile eines wirtschaftlichen Netzwerkes belegt, können bereits im Mittelalter Holzkohlen, Bau- und Grubenhölzer aus dem Solling zu den Oberharzer Hütten und Bergwerken transportiert worden sein.

Die leeren Holz- und Kohlewagen können auf der Rückfahrt Kupfer, Blei und Silber mitgebracht haben.“

 

»Schwarze Gesellen«

Das Köhlerhandwerk ist seit 2014 im bundesweiten Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe verzeichnet.

Das sehr alte Waldgewerbe der Köhlerei ist typisch für ein nicht-zünftiges Gewerbe - ohne festen siedlungsspezifischen, aber an Rohstoffe gebundenen Standort.

 

Illustration der Herstellung von Holzkohle

Kupferstiche │ Paris │ um 1765

 

"Economie Rustique, Charbon des Bois"

Tafelausschnitte aus

Diderots Enzyklopädie

Die Bildtafeln 1762-1777 [14]

 

Der Handwerksbetrieb bzw. die Tätigkeit des Köhlers wurde insbesondere durch Sagen und Märchen zu einem romantischen Handwerk im abgeschiedenen Wald verklärt - und "Köhler" wurde zum häufigsten Nachnamen in Deutschland.

Dem gegenüber standen im Alltag die besondere körperliche Schwere der Arbeit, die wochen- bis monatelange Trennung von der Familie und der Verzicht auf jegliche persönliche Bequemlichkeit.

Holz war bis zum 19. Jahrhundert der wichtigste Energielieferant für die meisten Handwerke und wurde direkt im Wald zu Holzkohle verkohlt:

  • Aufbau

  • Zünden

  • Schwelen

  • Öffnen des Meilers

Da Holzkohle relativ leicht ist, konnte sie besser transportiert werden; zudem erreichte sie beim Verbrennen gleichmäßig hohe Temperaturen.

 

Köhlerhandwerk

Beschreibung um 1984 [11]

 

Sozialgeschichtlich oft nur am Rande betrachtet, befriedigte das Köhlereigewerbe in der vorindustriellen Gesellschaft einen elementaren Bedarf an Holzkohle, der sich wahrscheinlich bereits ab dem 12./13. Jahrhundert aus dem steigenden Bedarf Metall verarbeitender regionaler Handwerken ergab (Energielierant in der Metallurgie und und auch in der Alchemie).[1]

Vor der Besiedlung des Hellentals überzog ein dichter Laubwald vornehmlich mit Buchen die Berghänge des nördlichen Sollingtals.

Im Talgrund dehnten sich Erlenbrüche in Konkurrenz mit anderen Laubbaumarten aus.

Die Fichte als Wirtschaftsbaum spielte noch keine waldwirtschaftliche Rolle.

 

Schematischer Aufbau

eines Kohlenmeilers

1:1-Modell im Freilichtmuseum Hessenpark

Modell im Museum Uslar

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Der Braunschweiger Herzog Heinrich II. (der Jüngere, 1489-1568) erließ am 06. März 1532 eine Verordnung "Wider das Brennen im Sollinge", wodurch er, allerdings weitgehend erfolgslos, "die ungeregelte wilde Köhlerei " einzuschränken gedachte; 1547 erließ er vorausschauend eine "vervollständigte Holzordnung", auch wegen des schlechten Zustandes der Weserforsten.[13]

Noch stehen wir vor dem Beginn der geregelten Waldwirtschaft des 18. Jahrhunderts, vor dem Übergang von einer extensiven Waldwirtschaft zu einer arbeitsintensiven, geregelten Nutzungsform.

Neben der Gewinnung von Bau- und Werkholz hatten die Köhlerei und handwerklich verwandte Gewerbe schon seit alters her im Solling eine hervorgehobene forstwirtschaftliche Bedeutung.

Der Meilerbau und der damit verbundene Erwerbszweig des Köhlereihandwerkes, die „Kohlenbrennerei”, war ein wesentlicher Teil der früheren Waldwirtschaft.

Auch im Hellental war es ein häufig angewandtes Handwerk vor dem Hintergrund der forstwirtschaftlichen Entwicklung.

Holz und Holzkohle waren im vorindustriellen Zeitabschnitt die wesentlichen Brennstoffe, so auch im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel.[2][13]

 

In historischer Manier

errichteter Holzkohlenmeiler

Freilichtmuseum Hessenpark

Oktober 2018

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

In den ausgedehnten Laubwäldern des Sollings wurde über viele Jahrhunderte hinweg Holzkohle durch die Meiler-Köhlerei hergestellt.

Die Holzkohle war in jener Zeit ein wichtiges gewerbliches Heizmaterial.

Zum Kundenkreis der Köhler zählten hauptsächlich prosperierende Hüttenanlagen, insbesondere die landesherrlichen eisenverarbeitenden Betriebe der weiteren wie näheren Umgebung; dem hingegen aber nicht die Waldglashütten.

 

„Kohlenhai“

Das meiste Laubholz der waldreichen Sollingforsten wurde durch die Technik der Holzverkohlung wirtschaftlich nutzbar gemacht, wofür es ausgewiesene "Kohlschläge" oder "Kohlenhaie" gab.[3]

Dabei erfolgte die Holzkohlenherstellung in einem zuvor definierten Waldareal, wo meist mehrere Kohlenmeiler zugleich betrieben wurden.

Im Rahmen der Braunschweiger Forstreform waren den Köhlern Waldabschnitte zur Holzgewinnung amtlich freigegeben worden („Kohlenhai“).

Überwiegend "ordentliche Holzhauer" und Waldarbeiter sorgten für das Schlagen des Holzes.[7]

Nach HEBBEL [10] gehörte zu einem „Kohlenhai“

  • 1 Meister

  • 2-3 Gehilfen

  • „Haijungen“

die meist bis zu sechs Kohlenmeiler zugleich betreuten.

 

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[1] STEPHAN 2010, S. 177-178; REININGHAUS 1990, S. 67 f.

[2] JARCK/SCHILDT 2000.

[3] BRODHAGE/SCHÄFER 2000; BRODHAGE/MÜLLER 1996; ALBRECHT 1995.

[4] STEPHAN 2010, S. 127.

[5] STEPHAN 2010, S. 127.

[7] BRODHAGE/SCHÄFER 2000; BRODTHAGE/MÜLLER 1996.

[10] HEBBEL 1999, S. 11.

[11] LESSMANN 1984, S, 15-16.

[13] TACKE 1943, S. 179.

[14] Tafelausschnitte aus DIDEROTS ENZYKLOPÄDIE. Die Bildtafeln 1762-1777. 1. Bd. Reprint Augsburg 1995, S. 56-57.