Trinkglastypen des 17. Jahrhunderts
Klaus A.E. Weber
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Hoher Glasbecher, farblos
1604
Diamantgravur mit einer
Satire auf den Papst
Nördliche Niederlande
Rijksmuseum Amsterdam
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Waldgläser für Bier, Wein oder Schnaps │ 16.-17. Jahrhundert
Jene Hohlgläser wurden mittels der Glasmacherpfeife und unter Einsatz von Modeln hergestellt.
Hierbei waren Produktlinien der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Epoche u.a.
- der Krautstrunk
- das Nuppenbecher
- der Römer (als Weinglas)
- das Stangenglas (als Bierglas).
Grünlich gefärbte Trinkgläser waren zu verschiedenen Zeiten im Mittelalter durchaus in Mode gewesen, was zu der Vermutung führt, dass möglicherweise gerade Sand mit deutlich höherem Eisenanteil bei der Glasherstellung eine Rolle gespielte.[6]
Noch heute wird zur Glasfärbung eine Reihe von Metalloxiden der Übergangselemente des Periodensystems (teils im Spurenelementbereich) eingesetzt, wie beispielsweise Oxide von Kupfer, Vanadium, Cobalt etc.
Diese Glastönung sowie kleinste Einschlüsse und Bläschen gaben jenen Gläsern ein typisches Aussehen.
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Stillleben mit vergoldetem
Pokal und Weinrömer
1635
Willem Claesz Heda (1594-1680)
Öl auf Holz
Rjiksmuseum Amsterdam
© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber
Bei einer kritischen Betrachtung des vorliegenden renaissancezeitlichen Hohlglases - zumeist kleinteilige Bruchstücke - ist darauf hinzuweisen, dass eine unbefriedigende Forschungssituation besteht, da bislang keine archäologisch-wissenschaftliche Grabung an den beiden frühneuzeitlichen Hüttenstandorten vorgenommen wurde.
Es kann daher nicht auf ein umfangreiches gläsernes Fundgut durch Grabungen zurückgegriffen werden, sondern nur auf Ergebnisse wiederholter Prospektionen und insbesondere auf erste Untersuchungen des oberflächennah geborgenen Fundmaterials aus einer Abraumhalde der Waldglashütte "Oberes Hellental".
Auch das glashistorische Originalschriftgut aus Archiven ist bisher nicht ausreichend erschlossen.
Trotz der kritischen Vorbemerkungen ist festzuhalten, dass als zeittypisch für regionale Waldglashütten der Spätrenaissance für die Hüttenstandorte "Oberes Hellental" und "Am Lummenborn" die Hauptkategorien Hohl- und Flachglas hinreichend belegbar sind.
Zum einen sind Hohlglasgruppen unterschiedlicher Formen, Verzierungen und Farbgebungen nachzuweisen, zum anderen Fenster- und Butzenscheiben.
Meist dünnwandige Hohlglasfragmente können Trinkgefäßen zugeordnet werden
So sind insbesondere mehrkantige Stangengläser (Achtkantstangengläser) an den beiden frühneuzeitlichen Hüttenstandorten im Hellental fassbar.
Denn für „etwa ein Jahrhundert gehörten mehrkantige Stangengläser nunmehr zur Standardproduktion der Glasmacher im Solling“.[4]
-
Glashütte "Oberes Hellental"
-
Glashütte "Am Lummenborn"
Vornehmlich dürfte bei den Hohlgefäßen regionales Holzasche-Kalk-Glas der Renaissance verwendet worden sein.
Das Fundmaterial wurde der archäologischen Glas-Sammlung des Historischen Museums Hellental zugeführt.
Formenabgleich
Für die Hohlglasfragmente aus dem frühen 17. Jahrhundert bedarf es noch der differenzierten Aufarbeitung und detaillierten Zuordnung im renaissancezeitlichen regionalen Formenvergleich.
Produktspektrum (Stand 1994)
Waldglashütten im Hils
um 1600-1680
Typentafel
LEIBER [1] │ STEPHAN [2]
gegliedert nach
sechs Hohlglasgruppen
Stangengläser
für den Bierkonsum (Nr. 1–7)
Kelchgläser
für den Weingenuss (Nr. 8–14)
Becherformen (Nr. 21–29)
Schenkgefäße,
wie Krüge bzw. Kannen (Nr. 30)
Flaschen
zur Aufbewahrung (Nr. 31, 32)
Neben dem Hohlglasspektrum von Glashütten im Hils um 1600-1680 bietet sich des weiteren ein Formenabgleich der bei STEPHAN [3] aufgezeigten Glastypen der zeitgenössischen Weinglashütte Wieda (1607-1623) ) [5] in der Glasmachersiedlung Westerwieda am Südharz unweit des Zisterzienersklosters Walkenried an, wie auch mit dem Hohlglasspektrum von Glashütten im Hils um 1600-1680.
Wandungs- und Fußfragmente
Glastypen der Weinglashütte Wieda
1607-1623
Glas- und Hüttenmuseum Wieda
Abteilung Glashüttenwesen
Juni 2022
© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber
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[1] LEIBER 1994a, S. 30, 31 Abb. 12.
[2] STEPHAN 2022, S. 81 Abb. 86.
[3] STEPHAN 2021, S. 85 Abb. 90, 86 Abb. 92, 138-139 Abb 132.
[4] STEPHAN 2022, S. 128.
[5] Glas- und Hüttenmuseum Wieda, Abteilung Glashüttenwesen.
[6] DBU 2018, S. 183.