Verordnung von 1744
Klaus A.E. Weber
Verordnung vom 04. Juli 1744 [1]
Von Gottes Gnaden, Wir, Carl
Herzog zu Braunschweig und Lüneburg etc.
Es ist billig / sowol in Betracht des Publici, als einzelner
Personen / für eine schädliche Sache anzusehen / daß im Weser=Distri=
cte fast ein jeglicher Einwohner seinen eigenen / und noch dazu übel an=
gelegten / und auf die Holz=Menage gar nicht eingerichteten Back=O=
fen hat. Es ist natürlich / daß die Erricht= und Unterhaltung so vie=
ler Back-Oefen und Back=Häuser / einen ungemein grossen Aufwand
an Bau=Holze erfordert / und es ist eine ausgemachte Sache / daß bey
so vielen privat-Backereyen / ungleich mehr / und wol 3 bis 4 mahl
so viel Holz und Waasen verbrauchet werden / als wenn in einer jeg=
lichen Gemeinde ein einziges / oder nach Beschaffenheit der Grösse des
Ortes zween Gemeinde Back=Häuser / und in einer Stadt oder Fle=
cken ebenfalls nur einige wenige Back=Häuser vorhanden sind Die=
se Betrachtungen / und der damit verknüpfte eigene Nutzen Unserer ge=
treuen Unterthanen / haben Uns bewogen / nachfolgende Verordnung
zu machen / welche Wir aufs genaueste und sorgfältigste beobachtet
wissen wollen.
1.
Ist wie obgedacht gewiß / daß bey einer so grossen Menge Back=
ofen / an Holz und Waasen / vieles überflüssiger und unnötiger Weise
verbrennet werde / da nicht nur in einem Ofen / der wohl angelegt /
wenn er einmahl durchgeheizet ist / nacheinander mit wenigerm Holze /
eben so viel kann gebacken werden / als in dreyen anderen / zu einer jeg=
lichen geringen Quantität Brodes besonders geheizten Ofen / sondern
es brauchtet auch ein Becker in einem Ofen / der beständig geheizet wird /
kaum halb so viel Holz und Waasen / als zu Heizung dreyer Ofen /
welche etwa alle 8 Tage einmahl geheizet werden / nötig ist; Wozu
noch dieses kommt / daß derer privatorum Back=Oefen / ausser denen
Häusern gemeiniglich frey liegen / und dem Winde und Wetter expo-
niret sind / dahero bey strenger Kälte / wol zweymahl so viel Holz / zu
Derselben Heizung / als zu einem im Hause liegenden / mithin der rau=
hen und kalten Luft nicht exponirten Back=Ofen erfordert wird. Es
Ist dahero Unser gnädigster Wille / daß in dem ganzen Weser=Distri-
cte und dem Amte Grena durchgängig / alle privat Back=Ofen abge=
schaffet / bey jeglicher Gemeinde ein Back=Haus / oder wie vorgedacht /
höchstens zween / zum allgemeinen Gebrauch / auf die Art / wie unten
vorgeschrieben wird / angeleget / und in demselben ein jeglicher sein Brod
backen zu lassen / schuldig und gehalten seyn solle.
2.
Und da in einem solchen Gemeinde=Ofen / wenn er einmahl gehei=
zet ist / täglich 12 und mehr Himten Obst gedürret werden können / mit=
hin es zum Obst=trocknen keiner privat-Back=Ofen bedarf / so kann
sich auch dazu ein jeglicher des Gemeinde Back=Ofens nach Not=
durft hinführo bedienen.
3.
Ueber die bereits angeführte ansehnliche Holz=Ersparung / wel=
che nach der diesfalls angestellten genauen Ausrechnung ein sehr gros=
ses beträgt / soll auch den Gemeinden selbst von der Anlegung der Ge=
meinde=Back=Oefen ein besonderer Nutzen zufliessen. Denn ob Wir
gleich Unserer Fürstlichen Cammer eine eigne Einkunft daher zuwei=
sen könten / und einen gewissen Back=Ofen=Zins zu nehmen befugt wä=
ren; So wollen Wir dennoch aus Landes=Väterlicher Gesinnung
für Unsere getreue Unterthanen denselben nicht nehmen / sondern einer
jeglichen Gemeinde die Verpachtung ihres Back=Ofens in Gnaden
verstatten / und soll das daher zu erhebende Pacht=Geld der Gemein=
de zum Besten angelegt / und administriret werden. Da nun dieses
im Fürstenthum Blankenburg vorlängst also eingeführet ist / und die
diesfalls gemachte Anstalten / dem Amts=Cammer=Rath Gumprecht in Holzminden bekannt seyn müssen; So
bey demselben dieserwegen Raths zu erholen.
4.
Damit auch die Unterthanen durch das Backe=Lohn nicht beschwe=
ret werden mögen; So haben Wir dasselbe / in Betracht daß Holz und
Waasen in dortiger Gegend ziemlich wohlfeil sind / auf das leidlich=
ste gesetzt / und ist hiermit Unser gnädigster Befehl / daß von einem Him=
ten Rocken=Mehl / wenn gemeines Hausbacken=Brod davon geba=
cken wird / nicht mehr dann acht Pfennige / oder ein Marien-Grosche /
wenn aber Teller=Brode davon gebacken werden / zween Marien=
Groschen gegeben werden sollen.
5.
Ueber die Beckere ist vielmahls geklaget worden / daß sie die Back=
Gäste bey der Abwirkung des Teigs vervortheilen / indem sie für den
denen Back=Gästen gegebenen Sauerteig / gemeiniglich noch einmahl
so viel / als sie denselben gegeben haben / von dem Brod=Teig zurück
behalten.
Damit nun dieser unerlaubte Gewinst / und die damit verknüpfte
Beschwerung der Back=Gäste abgestellet werden möge; So verord
nen Wir hiermit daß ein jeglicher Becker eine Wage anschaffen / und
mit derselben den Back=Gästen den fordernden Sauerteig zuwägen /
und wenn diese ihren Teig zum Backen bringen / so dann in derselben
Gegenwart von solchem Teige das gelieferte Gewichte des Sauerteigs
wieder abwägen / und zurück nehmen solle. Wer dawider handeln
wird / er sey Becker oder Back=Gast / soll jedesmahl in Fünf Thaler
Strafe genommen werden.
6.
Da es auch eine ausgemachte Sache ist / daß von dem Teige durch
das Ausbacken / höchstens nicht mehr als der zehende Theil abgehet;
So soll der Becker das Brod auf solchen Fuß ausbacken / sich den Teig
von jedem Back=Gaste zuwägen lassen / und das daraus gebackene
Brod den Back=Gästen / nach Abzug des zehenden Theils / hinwiede=
rum zuwägen / und zurück liefern.
7.
Damit diesem also gebührlich nachgelebet / und den betrüglichen Ver=
Vortheilungen / so viel immer möglich gesteuret werden möge; So hat
der Beamte oder die Gerichts=Obrigkeit hierauf fleißige Acht zu ge=
ben / das Gemeinde Back=Haus / insonderheit die erste Zeit öfters und
unvermuthet zu visitiren / oder visitiren zu lassen; Und wie Uns derglei=
chen sorgfältige Aufsicht zu gnädigstem Wolgefallen gereichen wird;
Also sind Wir allenfalls gnädigst zu frieden / daß dem Beamten / oder
der Gerichts=Obrigkeit / von denen Back=Ofen=Einkünften etwas für
ihre Mühe gereichet werde.
8.
Wie keinem Zweifel unterworfen ist / daß die Wasen / eben so gut /
und besser als das harte Holz zum Backen gebrauchet werden können /
indem der Ofen durch Feuer von Waas=Holze eher / als durch den Ge=
brauch des harten Holzes / in die Hitze gebracht wird / wie dann im Blan=
kenburgischen so gar mit rauen tannen Waasen / und im Halberstäd=
tischen an vielen Orten mit Stroh gebacken wird; So ist hiermit Un=
ser gnädigster Befehl / daß das Backen hinführo so viel immer mög=
lich / mit Waas=Holze geschehen solle.
9.
Die Structur der dortigen Back=Oefen / contribuiret auch nicht
wenig zu dem bisherigen Holz=Verderb / da dem Vernehmen nach /
die Oefen allzu hoch sind / der Boden nur von Leimen=Schlag gemacht /
das Ofen=Loch ebenfalls viel zu weit ist / und statt einer eisernen Thür /
nur mit einem Stücke Holz zugesetzet wird.
Es sollen demnach /
a) die neu anzulegende Back=Ofen / nur ¾ Ellen in der Höhe halten.
b) Der Boden soll von Barnsteinen / 2 Steine hoch gemachet werden.
c) Das Ofen=Loch soll eine Elle breit / und 1 ½ Viertel hoch gemacht /
auch mit einer eisernen Thür verwahret werden.
Wie nun auf solche Weise die Hitze desto besser und länger zusam=
men gehalten werden kann; Also wird auch dadurch vieles an Holz
und Waasen ersparet werden.
Die in denen Städten bereits vorhandene Back=Oefen sollen hier=
nach geändert und eingerichtet werden.
10.
Das so genannte Haller=Brod / erfordert sehr viel mehr Holz und
Waasen / als das Loß=Brod / wie es im Blankenburgischen gebacken
wird; Ueber dieses / ist das Loß=Brod besser vom Geschmack / und wird
reiner ausgebacken. Wir erwarten dahero Bericht
und Gutachten / ob das Loß=Brod dortigen Orts nicht nach und nach
eingeführet werden könne.
11.
So bald an einem Orte der Gemeinde Back=Ofen / auf vorbeschrie=
bene Maasse fertig ist; sollen die anderen eingeschlagen werden: und
stehet den Gemeinden frey / ob sie von den Eigenthümern derer jetzigen
und zu destruirenden Back=Oefen die Materialien zu Ersparung der
Kosten erhandeln wollen. Wir befehlen demnach
gnädigst hiermit / über dieses alles auch Orts sträck=
lich zu halten / und das nötige geordneter massen zu besorgen.
Gege=
ben Salzthal / den 4 ten Juli 1744.
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[1] NLA WO, 40 Slg 6339 Bl 1.