Erste "Porcellain-Fabrique" in Norddeutschland

Klaus A.E. Weber

 

Jagdschloss

Schmuckfassade

zeittypischer Renaissancestil

Das bekrönte Monogramm

"H-E"

der Torbaufassade

steht für

Herzog Julius

(1564-1613)

Herzogin Elisabeth

(1573-1626)

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Im Museum

Schloss Fürstenberg

© [hmh, Fotos: Klaus A.E. Weber

 

Das einst an der Weser als Grenzburg und Jagdschloss der Braunschweiger Herzöge erbaute Schloss Fürstenberg

Das Gebäudeensemble des Schlosses Fürstenberg am waldreichen westlichen Sollingrand geht auf eine Mitte des 14. Jahrhunderts auf einem markanten Felsvorsprung des Kathagenberges errichtete Burganlage zurück, die unter Herzog Heinrich Julius (1564-1613) ab 1597 zu einem Jagdschloss mit Vorwerk im Renaissancestil umgebaut [9] und bis zum Ausbau der Porzellanfabrik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Verwaltungssitz des Amtsbezirkes Fürstenberg war.

 

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Zeichnerische Rekonstruktion

von Wolfgang Braun

 

Tradition und Innovation

Fürstenberger Porzellangeschichte - mit ֍ Film [2]

Von Beginn an hat die Porzellanmanufaktur Fürstenberg mit ihrem Manufakturporzellan die Kulturgeschichte des Porzellans mitbestimmt.

Der italienische Name für die Kaurischnecken (Cypraeidae), auch als Porzellanschnecke bezeichnet, führte zu der Bezeichnung „Porzellan“.

Das erste Porzellan aus China war im 17. Jahrhundert über den Seehandel der Niederländischen Ostindien-Kompanie in das Weserbergland (Höxter) gelangt.

 

Kaurischnecken

Museum

Schloss Fürstenberg

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Die Fürstenberger Manufaktur wurde zu einem ressourcenorientierten, gewinnbringenden, frühkapitalistischen Unternehmen.

Zur Porzellanmanufaktur Fürstenberg ist in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Publikationen erschienen.

 

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Zunächst jedoch diente als erste Betriebsanlage der "Porcellain-Fabrique" die umgebaute Mühle und das neu errichtete Brennhaus oberhalb des Jagdschlosses, bevor diese aus Gründen einer kontinuierlich anwachsenden Jahresproduktion in das alte Schloss verlegt wurde, wo man bereits die vorhandenen Bauwerke als Wohn- und Arbeitsräume der Manufaktur nutzte.[5]

In dem eigentlich erst 1755 aus- und umgebauten Schloss wurde dann die Porzellanmanufaktur Fürstenberg unter Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1713-1780) errichtet und die Produktionsverlagerung aus der Mühle und dem Brennhaus spätestens 1759 abgeschlossen.

Auf Initiative seines sachkundigen Hofjägermeisters Johann Georg von Langen war zuvor am 11. Januar 1747 von Herzog Carl I.  die Manufakturgründung angeordnet worden: „die … Verfertigung des echten Porcellains … auf dem Schlosse zu Fürstenberg“.

Mit der Porzellanmanufaktur entstand im 18. Jahrhundert aus dem planmäßigen Werkwohnungsbau der Arbeitersiedlung die dauerhafte Ortssiedlung Fürstenberg.

Dazu bietet sich ein unmittelbarer Vergleich mit der Entstehungsgeschichte des Glasmacherdorfes Schorborn im Solling während des 18. Jahrhunderts an.

 

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

"die … Verfertigung des echten Porcellains … auf dem Schlosse zu Fürstenberg“

Die hoch über der Oberweser auf dem Boden der mittelalterlichen braunschweigischen Burganlage "Vorstenberch" aus forstwirschaftlichen Überlegungen gegründete Porzellanmanufaktur Fürstenberg ("Porcellain-Fabrique") gilt als eine der ältesten und renommiertesten Porzellan-Manufakturen Europas.[1][8]

 

֍ Vortrag 2022 Dr. Lechelt

275 Jahre Fürstenberg: Auf und Ab einer Manufaktur

 

"Vom Kleinen

ins Mitlere ..." [6]

Erste Betriebsanlagen

"Porcellain-Fabrique"

Fürstenberg

Juli 2011

„Alte Mühle“

„Altes Brennhaus“

in unmittelbarer

Nachbarschaft

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

"... vom Mitleren

ins Große" [6]

Zur Produktionsstätte

aus- und umgebaute

Fürstenberger

Jagdschloss

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

Der ehemalige zentrale Gebäudekomplex mit den ältesten, noch im Originalzustand erhaltenen Porzellanbrennöfen zählt zu den herausragenden wirtschafts- und technikgeschichtlichen Anlagen europäischer Porzellanherstellung.

Das einzigartige historische Gesamtensemble besteht aus

  • der „Alte Mühle“, in der ab 1747 die ersten Versuche der Porzellanherstellung in Fürstenberg stattfanden

  • dem benachbarten „Alte Brennhaus“ von 1751 mit den frühesten noch erhaltenen Brennöfen für Porzellan in Europa

  • der „Von-Langen-Reihe“ als frühes Beispiel des Werkswohnungsbaus

Der erste in der "Porcellain-Fabrique" Fürstenberg dokumentierte Porzellanbrand erfolgte am 29. Januar 1750 (Bericht des Direktors Johann Georg von Langen): „… daß der Erste Brandt des Egten Porcellain so wohl gelungen“.

Am 03. Dezember 1753 gelingt nach sechs Jahren der Durchbruch, handwerklich Porzellan von guter Qualität herzustellen und zu verkaufen.

 

Herzog Carl I.

1753:

"Inzwischen wünschen wir,

ein Tisch-Service zu haben"

ehemalige

Dauerausstellung

des Museums

Schloss Fürstenberg

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

1747 - Anweisung von Herzog Carl I.

Der Hofjägermeister Johann Georg von Langen berichtete 1746 an Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel:

Dabei ist mir eingefallen, daß Ew. Durchlaucht das alte Schloß Fürstenberg an sich sowohl wie auch die nahe gelegenen Waldungen zu diesem Vorhaben sehr wohl und nützlich gebrauchen können, wenn es zuvörderst vom Kleinen ins Mitlere, vom Mitleren ins Große fortgesetzt wird.

Dem Rat seines Hofjägermeisters folgend, ergeht von Herzog Carl I. am 11. Januar 1747 die Anweisung, die Arbeiten zur Porzellanherstellung in Fürstenberg fortzusetzen:

Von Gottes Gnaden Carl, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg,

Demnach Wir gnädigst wollen, daß der Virtuose Glaser die mit Verfertigung des echten Porcellains angefangene Arbeit auf dem Schlosse zu Fürstenberg, woselbst Unser Hof Jäger Meister von Lange ihm möglichst assistiren wird, fortsetze, in der gnädigsten Zuversicht, daß derselbe allen möglichsten Fleiß und Bemühung ferner anwenden werde, um das Werk zu Stande zu bringen,

Wir auch zu solchem Ende besagtem Hof-Jäger-Meister gnädigst aufgegeben haben, ein Zimmer auf dem Schlosse zu Fürstenberg vor denselben aptiren einrichten zu lassen, und sonsten das nötige wegen der Einrichtung alles, dessen er, Glaser bedürftig, mit ihm zu verabreden, und das behufig darnach, auch die nötigen Ausgaben zu verfügen; Als wird solches // besagtem Glaser zu seiner Nachachtung hiemit bekannt gemacht und derselbe an Unsern Hof-Jäger-Meister von Lange dahin verwiesen.

Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und beygedrucktes Fürstliches Insiegels Gegeben Wolfenbüttel den

11ten Januarii 1747

Carl Ser⦋enissimus⦌“

Diese herzogliche Bestimmung vom 11. Januar 1747 gilt als Gründungsdokument der heutigen Porzellanmanufaktur Fürstenberg.

 

Wandteller

Marke ⎸Scherben

Glasur ⎸ Bemalung

seit 1753

"F"-Marken

auf Fürstenberger

Porzellan

© [hmh, Foto2: Klaus A.E. Weber

 

Im Jahr 1747 landesherrlich gegründet, feierte die Porzellanmanufaktur Fürstenberg im Jahr 2022 ihr 275-jähriges Jubiläum.

Während dieses Zeitraumes entstanden in der Porzellanmanufaktur Fürstenberg künstlerische wie auch kulturhistorisch wegweisende Porzellangestaltungen.[4][11]

Dabei wurde die Historie der Traditionsmanufaktur von renommierten Designern, Modelleuren und Porzellanmalern geprägt.

"FÜRSTENBERG" ist nach der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen (seit 1710) die zweite Porzellanmanufaktur im deutschsprachigen Raum, welche das "Weiße Gold" seit ihren Anfängen kontinuierlich bis heute produziert - von der Zeit des Rokoko bis zur Gegenwart.

 

© [hmh, Foto: Klaus A.E. Weber

 

FFP - Freundeskreis Fürstenberger Porzellan

Im Freundeskreis Fürstenberger Porzellan e.V. – einem im Jahr 2005 gegründeten Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Erforschung des Fürstenberger Porzellans - kommen Liebhaber und Sammler sowie Museumsleute, Kunsthistoriker und Historiker zusammen.

Die Mitglieder des FFP finden sich im gemeinsamen Interesse für die Unterstützung der Pflege, Erhaltung, Darstellung und der Freude am Porzellan aus Fürstenberg zusammen.

 

Literaturhinweise

Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg 1747.

  • Band I von Beatrix Freifrau von Wolff Metternich und Manfred Meinz: Zeit von der Manufakturgründung bis zum Jahr 1796.
  • Band II von Beatrix Freifrau von Wolff Metternich und Manfred Meinz: Manufakturgeschichte von der napoleonischen Ära bis zum Jahr 1860.
  • Band III von Christian Lechelt: Zeit von der Privatisierung der Manufaktur im Jahr 1859 bis zur Gegenwart.

Museum der Porzellanmanufaktur Fürstenberg, Sammlung Eduscho Bremen: "Die Kaffeegesellschaft". Drei Jahrhunderte Kaffeekultur an der Weser. Eine Ausstellung des Porzellanmuseums Fürstenberg und der Sammlung Eduscho, Bremen. 1992. Reissinger, Elisabeth: Porzellan aus Fürstenberg. Kestner-Museum Hannover 3. Hannover 1997.

Flach, Hans Dieter Flach; Thomas Krueger (Bearb.): Maroni heiß und Lecker. Kastanientöpfe aus Porzellan, Fayence, Steingut und Steinzeug. Holzminden 2010.

Engelke, Thomas: Zeitzeichen. Porzellan der Manufaktur Fürstenberg im 20. Jahrhundert. Hannover 2011.

Krabath, Stefan: Luxus in Scherben. Fürstenberger und Meißener Porzellan aus Grabungen. Dresden 2011.

Krueger, Thomas (Hg.): Sammellust. Eine Einführung in das Sammeln von Porzellan aus Fürstenberg. Holzminden 2011.

Krueger, Thomas: Der Ausdruck des Wesentlichen. Porzellan und Keramik von Siegfried Möller (1896-1970). Holzminden 2012.

Krueger, Thomas: Arbeit, Holz und Porzellan. Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel und die Wirtschaftspolitik im 18. Jahrhundert. Der Weserdistrict. Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Museum im Schloss der Porzellanmanufaktur Fürstenberg. 23. März bis 06. Oktober 2013. Holzminden 2013.

 

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[1] STREICH 1996, S. 76, 126, 154-155.

[2] Freundeskreis Fürstenberger Porzellan e.V.

[3] LIPPELT 2014.

[4] SIEMEN 1995, S. I-9, I-96-97, I-120-125, I-156-167, I-190-201, I-216-221.

[5] KÖNIG/KRABATH 2010, S. 135-138.

[6] LIPPELT 2014, S. 79.

[8] Manufaktur: definitionsgemäß mindestens 80 % Handarbeit bei der Produkterstellung.

[9] Edition Sollingkarte 1603: ARNOLDT/CASEMIR/OHAINSKI 2004, Blatt 6 - mit "Vorwerck" und "Krug".

[11] TACKE 1943, S. 22.